Antwort
der Regierung im Grossen Rat des Kt. Bern. Behandelt am 8.4.03. Die Motionen
wurden gegen den Antrag der Regierung angenommen. (Original-Kopie
aus der Internetseite des Kt. Bern)
"Alle drei
Motionen (M 133/2002, M 177/2002 und M 178/2002) verlangen
Werbebeschränkungen für die Genussmittel Tabak und Alkohol. Sie werden
deshalb gemeinsam behandelt.
Bereits heute
ist die Werbung für Tabak und Alkohol nur eingeschränkt möglich: Die
eidgenössische Gesetzgebung (Lebensmittelrecht; Alkoholgesetz sowie Radio-
und Fernsehgesetz) legt verschiedene Einschränkungen fest.
So ist die
Werbung in Radio und Fernsehen nicht zulässig. Verboten ist Tabakwerbung, die
sich speziell an Jugendliche unter 18 Jahren richtet,
insbesondere an
Veranstaltungen, die hauptsächlich von Jugendlichen besucht werden und an
Orten, wo sich hauptsächlich Jugendliche aufhalten.
Verboten ist
zudem, kostenlos Werbegegenstände wie T-Shirts, Mützen oder Bälle an
Jugendliche zu verteilen. Ähnliche Vorschriften gelten für Spirituosen. Hier
ist die Werbung zusätzlich verboten: in und an öffentlichen Gebäuden sowie
auf Sportplätzen und an Sportveranstaltungen.
Zahlreiche
Gemeinden beschränken zudem die Werbung über das Plakatmonopol, das Ihnen
als Eigentümerinnen des öffentlichen Grunds zukommt. Eine besondere
Situation besteht in den beiden Stadtkantonen Basel-Stadt und Genf. Diese
haben formell auf kantonaler Ebene Verbote eingeführt, die sich in der
örtlichen Auswirkung mit kommunalen Regelungen vergleichen lassen.
Die Regelung im
Kanton Genf wurde von Gegnern des Verbots angefochten. Das Bundesgericht
hat im März 2002 entschieden, dass das Verbot mit der Bundesverfassung
vereinbar ist. Somit sind auch die in den drei Vorstössen verlangten
Einschränkungen rechtlich grundsätzlich möglich. Nach dem
Bundesgerichtsentscheid wurden in zahlreichen Kantonen ähnliche Vorstösse
eingereicht:
Kanton Stand SO,
VS Parlamentarischer Vorstoss abgelehnt
AR, GR, VD, ZH
Parlamentarischer Vorstoss überwiesen.
In diesen
Kantonen werden momentan gesetzliche Grundlagen für Werbeeinschränkungen
erarbeitet. Diese müssen von den Kantonsparlamenten angenommen werden.
Allenfalls werden
Volksabstimmungen erforderlich sein.
BE, BL, SG, SZ,
TG, TI Parlamentarischer Vorstoss hängig
Werbeverbote
für Genussmittel werden in der Schweiz schon seit Jahrzehnten diskutiert.
Zehn Jahre nach der Ablehnung einer Initiative der Guttempler wurde 1989
die sogenannte
Zwillingsinitiative eingereicht. Sie verlangte ein Werbeverbot für
alkoholische Getränke
und Tabakwaren. Der Bundesrat empfahl Volk und Ständen die Ablehnung der
Initiative,
unterbreitete seinerseits aber einen abgeschwächten Gegenvorschlag. Die
Zwillingsinitiative
wurde sehr deutlich abgelehnt (Neinanteil von 74 Prozent), auch der
Gegenvorschlag
wurde von National- und Ständerat verworfen. Seit der Ablehnung wurden
einerseits
die vorerwähnten Einschränkungen im Lebensmittelrecht zum Schutz der
Jugendlichen eingeführt. Andererseits hat sich das eidgenössische Parlament
verschiedentlich mit dem Thema befasst. Zurzeit sind zwei Vorstösse hängig,
die ebenfalls ein Werbeverbot für Plakatwerbung fordern (Motion Wyss
"Verbot von Tabakwerbung auch in der Schweiz" 02.3784 und
Parlamentarische Initiative Grobet "Verbot der Tabakwerbung"
02.466).
Auf
europäischer Ebene haben die Gesundheitsminister der Europäischen Union (EU)
beschlossen, die Tabakwerbung in europäischen Zeitschriften und Zeitungen
generell zu
verbieten. Ebenso soll das Sponsoring von Grossveranstaltungen mit
grenzüberschreitender
Wirkung verboten werden (zum Beispiel das Sponsoring der Autorennen der Formel
1). Die Einführung der Verbote ist für das Jahr 2005 geplant, durch eine
Klage Deutschlands aber noch blockiert. Deutschland bestreitet die Kompetenz
der EU für eine solche Regelung.
In der Schweiz
erreichte der Anteil der Rauchenden Mitte der 70er Jahre einen Höchststand
(50,6% der Bevölkerung) und verminderte sich bis Mitte der 80er Jahre auf
30,9 Prozent. Bei den Jugendlichen zwischen 15 und 19 Jahren betrug der
Raucheranteil Ende der 70er Jahre beinahe 50 Prozent und verminderte sich bis
Ende der 80er Jahre auf weniger als 20 Prozent. Diese Zahl hat sich seither
sehr stark erhöht. Bei der letzten grossen Befragung 1997/98 rauchten 42
Prozent der Männer und 39 Prozent der Frauen. Das durchschnittliche
Einstiegsalter ist über mehrere Jahre kontinuierlich gesunken und liegt
zurzeit bei ungefähr 16 Jahren. Seit 1974 bewegt sich der jährliche
Gesamtverkauf zwischen 15 und 17 Milliarden Zigaretten; der jährliche Verkauf
je rauchende Person ist aber rückläufig und beträgt zurzeit etwa 2'500
Zigaretten. Fachleute gehen davon aus, dass die Entwicklung des Konsums in den
kommenden Jahren einen Anstieg der tabakbedingten Krankheits- und Todesfälle
bewirken wird.
Der Konsum
alkoholischer Getränke war im gleichen Zeitraum deutlich rückläufig. Wurden
Mitte der 70er Jahre noch 11 Liter Alkohol zu 100 Volumenprozent je Kopf der
Bevölkerung errechnet, waren es um die Jahrtausendwende noch 9,2 Liter.
Vermindert hat sich dabei vor allem der Konsum von Bier, Obstwein und von
Spirituosen. Dagegen hat sich der Konsum bei jungen Menschen erhöht. Innert
kurzer Zeit hat sich der Verkauf von Alcopops (Süssgetränke mit Spirituosen)
verzehnfacht. Zugenommen hat bei jungen Menschen vor allem das exzessive
Trinken.
Die Meinungen
zur Notwendigkeit und zur Wirksamkeit von Werbebeschränkungen sind sehr
unterschiedlich. Aus der Sicht der Prävention werden zusätzliche Verbote
begrüsst. Es wird erwartet,
dass durch zusätzliche Verbote der Konsum insgesamt abnehmen und dadurch die
negativen Folgen des Konsums gemildert würden.
Die Wirtschaft
spricht sich klar gegen Werbeverbote aus. Sie bezweifelt die Wirksamkeit und
weist darauf hin, dass der Konsum von Alkohol und Tabak ohnehin rückläufig
sei. Die Verbote wären eine unnötige Einschränkung der freien
Marktwirtschaft und hätten volkswirtschaftlich negative Auswirkungen.
Die
Tabakindustrie zum Beispiel investiere jedes Jahr rund 80 Millionen Franken in
Werbung und Sponsoring. Ein Ausbleiben dieser Ausgaben würde nicht nur die
Wirtschaft stark treffen, sondern vor allem auch die geförderten
Veranstaltungen.
Alternativen
für Werbeverbote seien Prävention und Selbstbeschränkungen
der Wirtschaft, wie sie beispielsweise für den Verkauf von Tabak an Personen
unter sechzehn Jahren beschlossen worden sind.
Der Kanton Bern
ist sowohl im Bereich der Prävention wie auch in der Durchsetzung bestehender
Vorschriften aktiv. Zuletzt hat sich das Parlament bei der Behandlung der
Motion Gfeller, Rüfenacht (M 240/2001 „Ein wirksamer Jugendschutz vor
Alkoholmissbrauch durch eine verbesserte Umsetzung der regierungsrätlichen
Präventions- und Verbots-Strategie“), in der Junisession 2002 mit dem Thema
beschäftigt. Das Konzept Suchtprävention der Gesundheits- und
Fürsorgedirektion aus dem Jahr 1999 legt einen Schwerpunkt auf Massnahmen
gegen den steigenden Alkohol- und Tabakkonsum bei Schulkindern. Demgegenüber
wären die in den drei Vorstössen verlangten Verbote nicht spezifisch auf
Kinder und Jugendliche ausgerichtet:
· Ein Werbeverbot
für Tabak und Alkohol mit mehr als 15 Volumenprozenten auf öffentlichem und
privatem Grund, in und an öffentlichen Gebäuden sowie an öffentlichen
Gebäuden (Motion Wälti).
· Ein Werbeverbot
für Tabak auf öffentlichem und von dort einsehbarem privatem Grund sowie in
und an öffentlichen Gebäuden (Motion Löffel).
· Ein Werbeverbot
für Alkohol auf öffentlichem und von dort einsehbarem privatem Grund sowie
in und an öffentlichen Gebäuden (alle Getränke ohne Beschränkung auf
hochprozentige Alkoholika; Motion Löffel).
Die
unterschiedlichen Vorstösse bezüglich der Behandlung alkoholischer Getränke
mit weniger als 15 Volumenprozenten verdeutlichen, dass die Ausgestaltung von
Werbebeschränkungen unterschiedlich möglich ist. In zwei Nachbarkantonen
Berns wurde bereits entschieden, keine kantonalen Vorschriften einzuführen.
Aus der Sicht
der Wirtschaft sind unterschiedliche Regelungen in den einzelnen Kantonen
unerwünscht. Sowohl für Zigaretten wie auch für alkoholische Getränke wird
vor allem von grossen nationalen und internationalen Firmen geworben, die ihre
Werbekampagnen für die ganze Schweiz planen.
Aus der Sicht
der Prävention muss die Frage nach der Wirksamkeit von Massnahmen gestellt
werden, wenn die Plakatwerbung in den umliegenden Kantonen möglich bleibt.
Bei einem punktuellen Verbot wie dem vorgeschlagenen Verbot der Plakatwerbung
ist zudem davon auszugehen, dass die Werbeaufwendungen für andere, zulässige
Werbeträger ausgegeben würden. Aus diesen Überlegungen ist der
Regierungsrat der Auffassung, dass die Frage von Werbebeschränkungen auf
eidgenössischer Ebene diskutiert und beschlossen werden muss. Dadurch kann
sichergestellt werden, dass allfällige zusätzliche Vorschriften mit den
bereits geltenden Werbebeschränkungen koordiniert und durch die gleichen
Stellen vollzogen werden. Im eidgenössischen Parlament sind Vorstösse mit
den gleichen Forderungen zum Verbot der Tabakwerbung hängig. Damit ist auch
sichergestellt, dass das Thema auf eidgenössischer Ebene behandelt wird.
Der
Regierungsrat erachtet es deshalb momentan nicht als notwendig, zusätzliche
Massnahmen zur Einschränkung von Werbung für Tabak und Alkohol zu ergreifen.
Ablehnen der
drei Motionen" |
Gegenwärtig sind Bestrebungen im Gange, das Werbeverbot im TV
aufzuweichen.
Wie wird trotzdem Werbung in Radio und Fernsehen betrieben?
Nennt Orte, wo Suchtmittelwerbung trotzdem stattfindet.
Warum wird wohl differenziert: Einzelne Vorschriften gelten nur für Tabak,
andere nur für Spirituosen?
Mit welchem Stimmenverhältnis wurde die Guttempler-Vorlage abgelehnt?
Wer sind die Guttempler?
Wer stand hinter den Zwillingsinitiativen?
Warum wurden diese so deutlich abgelehnt?
Welchen Eindruck versucht die Regierung mit der Aufzählung der
verschiedenen Bestrebungen zu erwecken?
Mit welchem Argument streitet Deutschland?
Welche wichtige Wirkung wird zusätzlich erzielt?
Kommentar?
Kommentar?
Was ist von dieser Selbstbeschränkung der Wirtschaft zu halten?
Kommentar?
Kommentar?
Kommentar?
Folge?
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Bei der Revision des Radio- und Fernsehgesetzes soll Alkoholwerbung für
Wein un Bier im Privatfernsehen gestattet werden.
Mit redaktionellen Beiträgen, die die Herstellung und den Konsum als
unproblematisch darstellen.
Sportplätze, Stadien, Skianlagen
Für Spirituosen besteht ein Bundesverfassungsauftrag, der besagt, dass die
Gesetzgebung konsummindernd zu gestalten sei. Die Spirituosenlobby ist
schwächer als die Wein- und Bierlobby. Der Anteil von Wein und Bier am
Gesamtkonsum liegt aber bei 80%. Beim Tabak ist die Akzeptanz für
einschränkende Massnahmen höher als beim Alkohol.
41% zu 59%
International die grösste Abstinenten-Organisation, INGO. Weltanschaulich,
politisch, ethnisch neutral. In der Schweiz 1892 von Prof. A. Forel in Zürich
gegründet. (Forel-Klinik, von ihm gegründet, später nach ihm benannt,
grösste stationäre Einrichtung für Alkoholabhängige in der Schweiz)
Initiant war ein St. Galler Jugendseelsorger, dem sich verschiedene
Fachstellen, Fach-Verbände und NGOs anschlossen.
Die Gegenkampagne begann schon zwei Jahre vor der Abstimmung mit
Grossplakaten mit dem Arbeitsplatzargument. (Wenn man sieht, wie heute fast
täglich Tausende Arbeitsplätze abgebaut werden...!) Die Werbebranche und die
Printmedien betrieben eine masslose, unfaire Kampagne mit den bekannten
falschen Argumenten.
Es wird schon genug unternommen, wir müssen nicht auch noch neue Gesetze
schaffen.
Gesundheit sei Ländersache. Die EU ist aber daran, ein grosses
gesundheitspolitisches Programm für mehrere Jahre aufzustellen.
Die Umwelt unserer Jugend wird von der Suchtmittelwerbung befreit, d.h.
Prävention, die sich an Jugendliche richtet, wird glaubwürdiger, hat deshalb
Chancen, die sie heute nicht hat.
Es ist ja klar, dass die Suchtmittelindustrie und die mit ihr verbundenen
Wirtschaftszweige gegen Einschränkung ihrer Werbung sind. (Obwohl sie ihr ja
die Wirkung absprechen.) Dass aber die ganze Wirtschaft, d.h. ihre
Dachverbände dagegen sind, ist doch unverständlich. Die andern Branchen
profitieren doch von den frei werdenden Mitteln, aber auch von den geringeren
Folgeschäden.
Andere Länder haben in der gleichen Zeit ihren Alkoholkonsum halbiert, wir
nur 16%. Der Anstieg des Konsums durch Jugendliche ist aber katastrophal.
Die Sponsoren sind unsichere Geldgeber. Es ist gefährlich, sich als
Veranstalter auf sie zu verlassen. Wer sich mit Suchtmittelwerbung finanziert,
handelt unmoralisch, verdient kein Mitleid, wenn diese ausfällt.
Der Werbebranche den Medien und den Sport- und Kulturveranstaltern könnte mit
unserem Projekt bestens geholfen werden.
Sie hält sich nicht an ihre eigenen Regeln und will damit wirksame
Präventionsmassnahmen verhindern. Sie will ja verkaufen. Ohne den Nachschub
durch die jugendlichen Konsumenten würden sie durch die Abgänge der
Verstorbenen und Aussteiger immer mehr verlieren.
Es ist ja klar, dass jede Einschränkung unerwünscht ist. Aufschlussreich
ist der Hinweis, dass es um internationale Konzerne geht, für die wir unsere
Gesundheit opfern sollen.
Berechtigte Frage. Aber der Kanton Bern ist flächen- und Bevölkerungsmässig
der zweitgrösste Kanton und müsste nicht auf seine Nachbarn schauen, es ist
eher umgekehrt. Bis es zur gesamtschweizerischen Lösung kommt, est dieses
teilweise Verbot immer noch besser als nichts.
Das Verbot müsste eben so umfassend sein, dass nicht ausgewichen werden
kann.
Die Werbung kann noch jahrelang ihre unheilvolle Wirkung ausüben. Die
Regierung betreibt das Geschäft der Suchtmittelproduzenten und ihrer Helfer
zum Schaden des Volkes.
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