Neue Zürcher Zeitung, 26.08.2003, Nr. 196, S. 51
Zürcher Kantonsrat
Gastgewerbegesetz
Thomas Isler (fdp., Rüschlikon) beantragt im Namen der
Mehrheit der Kommission für
Staat und Gemeinden, einer Änderung des Gastgewerbegesetzes zuzustimmen.
Angestrebt wird darin eine teilweise Rückgängigmachung der 1997
erfolgten
Liberalisierung im Gastgewerbe. Die Gemeinden sollen Gebiete ausscheiden
können,
in denen dem Gastgewerbe gesonderte Schliessungszeiten vorgeschrieben
werden
können. Die Bevölkerung ist in der Zeit zwischen 24 und 5 Uhr unbedingt
vor Lärm zu
schützen.
Felix Hess (svp., Mönchaltorf) lehnt die
Gesetzesänderung ab. Schon das heutige
Gesetz erlaubt es, gegen Lärmverursacher vorzugehen. Die
Gesetzesänderung öffnet
der Willkür Tür und Tor. Es kann die falschen treffen. Man muss das
geltende Recht nur
anwenden. Eine gesonderte "Lex Langstrasse" wollen wir nicht.
Anna Maria Riedi (sp.,
Zürich) beantragt Rückweisung. Die Zahl der Gastgewerbebetriebe in
gewissen
Gebieten ist explodiert. Ein Teil der SP-Fraktion unterstützt die
Gesetzesänderung. Die
Anwohner haben das Recht auf Nachtruhe. Die Selbstregelung der Branche ist
wichtig.
"Kein Taliban-Gesetz à la Maurer"
Für Daniel Vischer (gp., Zürich) vermag die
vorgeschlagene Gesetzesänderung das
Problem nicht zu lösen. Wer ihr zustimmt, will nur beweisen, dass er das
Problem ernst
nimmt. Ruedi Hatt (fdp., Richterswil) redet der Rückweisung das Wort. Das
Problem ist,
dass jeder Betrieb das Recht auf eine Verlängerung hat. Die Gemeinden
sollen in
belasteten Gebieten ohne Aufwand einschreiten können. Die heutige
Regelung ist zu
komplex, Entscheide sind zu leicht anfechtbar. Laurenz Styger (svp.,
Zürich) erinnert an
die Bestimmungen, dass Einschränkungen dann möglich sind, wenn eine
Häufung von
Gastwirtschaften vorhanden ist und wenn der Wohnanteil über 50 Prozent
liegt. So klar
diese Definitionen sein mögen, so stark leisten sie der Willkür
Vorschub. Das
Gastgewerbe hätte durch ein Mehr an Staat Umsatzeinbussen in Kauf zu
nehmen.
Peter Bielmann (cvp., Zürich) bezeichnet es als logisch,
dass von Angeboten wie
Nachtbussen und späten Bahnverbindungen Gebrauch gemacht wird. Die Folge
davon
sind nächtliche Lärmprobleme in Vergnügungsgebieten. Die
Gesetzesänderung
widerspricht der Handels- und Gewerbefreiheit.
Heinz Jauch (evp., Dübendorf) gibt bekannt, dass die EVP
von ihrer ursprünglich zustimmenden
Meinung abweicht und für Rückweisung
plädiert.
Matthias Gfeller (gp., Winterthur)
hält den nächtlichen Lärm nicht für ein blosses Zürcher
Problem.
Eine Rückweisung bietet die Chance, den Wohnanteil neu zu
diskutieren.
Alfred Heer (svp., Zürich) berichtet
aus dem Leben eines Kreis-4-Bewohners: Nicht aller Lärm
stammt aus den Gastgewerbebetrieben. Wir haben ein Gesetz und wollen kein
Taliban-Regime
à la Esther Maurer.
Lukas Briner (fdp., Uster) bittet um
Nichteintreten. Wir stehen vor einem Interessenkonflikt zwischen
Gewerbefreiheit und Ruhebedürfnis. Wo erteilte Bewilligungen entzogen
werden sollen,
gerät die Rechtsstaatlichkeit in Gefahr. Kollektivstrafen sind falsch.
Der Stadtrat hat
seine Hausaufgaben nicht gemacht, wenn er keine Gebiete ausgeschieden hat,
in
denen Lärm geduldet werden kann.
Volkswirtschaftsdirektor Ruedi Jeker vertritt weiterhin
die Ansicht, der Vorschlag der
Regierung vermöchte das Problem zu entschärfen. Es ist nicht möglich,
einzelne
Betriebe zur Verantwortung zu ziehen. Ich beantrage Zustimmung zur
Gesetzesvorlage.
In der Abstimmung beschliesst der Rat mit 96 zu 65
Stimmen, nicht auf die Vorlage
einzutreten. Die Gesetzesänderung ist damit vom Tisch. |