Mittwoch 23. Oktober 2019 von htm
12.10.2019
Neue Zürcher Zeitung
Redaktion Leserbriefe
8001 Zürich
Per e-mail
Es freut mich sehr, dass Herr Gmel den Jellinek-Award erhalten hat. Ich möchte ihm auf diesem Weg dazu herzlich gratulieren. Er ist einer der wenigen Fachleute, die bei diesem so wichtigen Thema geblieben sind, obwohl dabei kaum Lorbeeren zu ernten sind. Sehr viel Knowhow ist in den letzten zehn Jahren so verloren gegangen. Die geballte Macht der Alkohollobby hat Politik, Wirtschaft und Gesellschaft dermassen in Geiselhaft genommen, dass nur ausnahmsweise (wie hier) über die negativen Seiten des Alkohols berichtet wird.
Der im Interview ein wenig auftauchende Gegensatz zwischen Wissenschaft und Präventionsfachleuten ist erklärbar: Seit der Einführung der 0,5 Promillegrenze und der Alcopop-Steuer ohne wirksame Begleitmassnahmen wurden praktisch alle möglichen präventiven Schritte abgewürgt und bestehende, altbewährte Massnahmen aufgehoben. Das hat viele Fachleute gezwungen, neue Wege der Prävention stärker zu betreiben, d.h. weg von der Verhältnis- hin zur Verhaltensprävention, die leider nur wenig erreichen kann.
Seriöse Wissenschafter auf dem Gebiet des Alkohols sind sich natürlich über die Wirksamkeit möglicher Gegenmassnahmen im klaren. Sie haben ja, wie Herr Gmel, zu den Vorbereitungen zur WHO-Resolution von 2010 in Genf über eine globale Alkoholstrategie beigetragen. Dass die Schweiz als Mitunterzeichnerstaat, diese Resolution in den Schubladen verschwinden liess, ist nur die Bestätigung des oben erwähnten Zustandes.
(veröffentlicht am 22.10.2019)
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Dienstag 29. November 2011 von htm
DIMDI, das Deutsche Institut für medizinische Dokumentation und Information, veröffentlichte jüngst seinen Bericht zur Prävention des Alkoholmissbrauchs von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Hierfür unternahm das Institut eine systematische Literaturrecherche in 34 Datenbanken und wählte aus 401 gefundenen Studien 59 zur genaueren Analyse aus.
Die Mehrzahl der Studien stammt aus den USA, neun Studien sind aus Deutschland. Als wirksam erwiesen sich ein Familieninterventionsprogramm, personalisierte computergestützte Interventionen an Schulen und Universitäten, kurze motivierende Interventionen und zentrale Elemente der Verhältnisprävention.
Gerade aber verhältnisbezogene Maßnahmen, z.B. Steuer- und Preiserhöhungen, Verkehrskontrollen und Kontrollen des Verkaufspersonals, Einschränkungen der Zugriffsnähe und Werbemöglichkeiten (Displays, Aufsteller) für alkoholische Getränke weisen eine hohe Effektivität auf. Traditionelle (universelle) Medienkampagnen sowie Informations- und Erziehungsprogramme an Schulen erwiesen sich nicht als effektiv.
Der Bericht zeigt die Notwendigkeit der Entwicklung spezifischer und zielgruppenorientierter Präventionsmaßnahmen für den deutschen Kontext. Dazu gehören die verbindliche Definition von Zielgrößen (Reduktion des Konsums, Änderung des Verhaltens) sowie eine verbindliche Definition und empirische Bestimmung riskanten Alkoholkonsums. Vor der Einführung von Präventionsmaßnahmen (so DIMDI) sollte deren Wirksamkeit eindeutig belegt sein, was gegenwärtig nur selten der Fall ist. (Quelle: Newsletter der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen DHS, 29.11.11) http://portal.dimdi.de/de/hta/hta_berichte/hta309_bericht_de.pdf
Kommentar: Unwirksame Alibiübungen zu verkaufen ist einfacher, als effektive Verhältnisprävention durchzusetzen.
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Dienstag 26. Juli 2011 von htm
Köln – Ob und wie Präventionsmaßnahmen dazu beitragen, den Alkoholmissbrauch bei Kindern und Jugendlichen zu reduzieren, ist nicht hinreichend nachgewiesen. Darauf weist das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information in einem neuen Health Technology Assessment (HTA) hin.
Demnach können Familieninterventionsprogramme sowie personalisierte computergestützte Interventionen an Schulen, Colleges und Universitäten vermutlich zwar dazu beitragen, Alkoholmissbrauch bei Kindern und Jugendlichen vorzubeugen.
Dagegen sei die Wirksamkeit von Anzeigen- und Informationskampagnen in Funk und Fernsehen nicht ausreichend belegt. Der Bericht zeigt auch, dass nur wenige Maßnahmen Häufigkeit oder Menge des Alkoholkonsums dauerhaft reduzieren. (Quelle: aerzteblatt.de, 26.7.11)unser Online-Kommentar: Die im Rahmen der Gesundheitsförderung seit bald 20 Jahren übermächtige Verhaltensprävention hat nicht nur nichts gebracht sondern auch noch das Aufkommen der neuen Modeerscheinungen Rauschtrinken und Mixgetränke erleichtert.
Die Regierungen sollten endlich ihre Verantwortung übernehmen und wirksame Massnahmen der Verhältnisprävention einführen und durchsetzen. Die bisherigen Alibiübungen der Verhaltensprävention dienen nur der Alkoholindustrie und nicht der Bevölkerung. Sogar die Weltgesundheitsorganisation der UNO drängt seit einem Jahr darauf.
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Samstag 22. Januar 2011 von htm
Trinken bis zum Umfallen – unter Schweizer Jugendlichen ist Alkohol das Suchtmittel Nummer eins. Dies bereitet Eltern und Lehrern Sorgen, denn das jugendliche Gehirn gilt als besonders empfindlich.
Schülerinnen und Schüler der Berufsschule Goldau erzählen, wie ihr Umgang mit Alkohol ist, was für eine Rolle die Gruppendynamik spielt – und weshalb es bisweilen durchaus als «cool» gelten kann, exzessiv zu trinken. Ein Psychologe und ein Mediziner zeigen auf, was Ursachen und Wirkungen sind, wenn junge Menschen bei Bier, Wein und Alcopops scheinbar keine Grenzen kennen. (Quelle: DRS1, Treffpunkt, 21.1.1) unser Mail an die Redaktion: Besten Dank, dass Sie sich dieses aktuellen Themas angenommen haben. Sie haben mit Berufsschülern und deren Umfeld, sowie einigen Fachleuten Gespräche geführt. Ergbnis? Trotz viermaliger Aufklärungsaktionen allein in dieser Schule haben die Schüler nicht erkennen lassen, dass ihr Verhalten geändert hat. Sie berichten von übermässigem Konsum und von Fahren in angetrunkenem Zustand. Die Sendung hinterlässt wie meistens bei solchen Programmen oder Medienberichten den Eindruck: Man kann ja doch nichts machen!
Damit erfüllt die SRG meiner Ansicht nach ihre Pflicht nicht, in der Bevölkerung die Diskussion zu wichtigen gesellschaftlichen Themen zu ermöglichen.
Um diesen Auftrag zu erfüllen, müsste die SRG Alternativen aufzeigen, die man diskutieren kann. Bekanntlich verbessert Aufklärung das Wissen, verändert aber das Verhalten fast nicht. Die Medien müssten endlich den Weg von der Verhaltens- zur Verhältnisprävention finden und deren Möglichkeiten aufzeigen.
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Sonntag 2. Januar 2011 von htm
„The seven key messages of the alcohol industry“. Diese Broschüre ist eben auf Englisch herausgekommen. Aus der Einführung: Die Absicht dieser Broschüre ist es, die Fachleute über die Anstrengungen der Alkoholindustrie zu informieren, mit denen sie die globale Alkoholpolitik zu beeinflussen versuchen, und sie gegen die Methoden der Industrie zu wappnen, die darauf zielen, der Einführung effektiver Massnahmen vorzubeugen. (Quelle: EUCAM, 01/02/11) „The seven key messages of the alcohol industry“ (pdf) Kommentar: Sehr oft sind Fachleute, die nicht direkt mit Verhältnisprävention beschäftigt sind, über dieses Feld nicht informiert. In der politischen Debatte sind sie dann oft hilflos und dem Vertreter der Industrie nicht gewachsen. Diese Broschüre könnte für Abhilfe sorgen.
Kategorie: Alkoholindustrie, Alkoholsteuern, Allgemein, Entwicklungs- und Schwellenländer, Erhältlichkeit, Gesundheit, Internationales, Neues Alkoholgesetz (CH), Politik, Schweiz, Sozialkosten, Statistik, Verbraucherschutz, Verhältnis-Präv., Veröffentlichungen, Werbung, WHO globale Alkohol-Strategie, Wirtschaft |
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Mittwoch 29. Dezember 2010 von htm
– Neu – Über die hohe Bedeutung der Verhältnisprävention, Fachbuch, 2010, 344 Seiten, Preis: 39,90 EUR (eBook), 49,90 EUR (Buch) von Jürgen Schlieckau
Aus der Zusammenfassung: Das allgemeine Desinteresse an der Problematik des Alkoholmissbrauchs steht in einem eigentümlichen Missverhältnis zur hohen gesellschaftlichen Schadensbilanz durch Alkohol. „Kein anderes Konsumgut, nicht einmal Tabak, hat so viele negative Auswirkungen auf den Körper“ (Babor et al. 2005, Alkohol – Kein gewöhnliches Konsumgut,35). Alkoholkonsum ist schon in der mittleren Adoleszenz weit verbreitet. Das Phänomen des frühen kindlichen und jugendlichen Rauschtrinkens kann nicht getrennt von den aktuellen Rahmenbedingungen der Gesellschaft betrachtet werden. Es gibt enge Zusammenhänge zwischen dem Rauschtrinken von Jugendlichen und Erwachsenen, der Haltung der Bürgerinnen und Bürger zum Alkoholkonsum, der praktizierten Alkoholkontrollpolitik und der zunehmenden Ökonomisierung aller Bereiche der Gesellschaft. „Der Unterschied zwischen guter und schlechter Alkoholpolitik ist nicht abstrakt, sondern oft eine Frage von Leben oder Tod“ (Babor et al. 2005,277). (Quelle: grin.com)
unser Online-Kommentar: Diesem Werk ist die grösstmögliche Verbreitung zu wünschen, damit die Abwehrfront der ideologie-verkrusteten Politiker endlich aufgeweicht wird und sie erkennen, wo die Interessen der ihnen anvertrauten Bevölkerung liegen. Jeder Tag kostet neue alkoholbedingte Todesfälle, Verletzte, persönliches Leid und immense Schäden für die Gesellschaft.
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Freitag 11. Juni 2010 von htm
Für 20 Prozent der Menschen in der Schweiz ist der Alkoholkonsum ein Problem. Damit belasten sie sich selbst, ihre Familien und die Gesellschaft. Die Regierung es Kantons St. Gallen handelt und hat bis 2014 einen Aktionsplan mit konkreten Vorschlägen zur Reduktion des Alkoholkonsums verabschiedet. (Quelle: Google Alkohol News, 11.6.10) suedostschweiz.ch, 10.6.10 //Der Aktionsplan 1010 – 2014 wurde am 26.5.2010 von der St. Galler Regierung verabschiedet. Kommentar: Ausser bei der Absicht, die Aussenwerbung auf öffentlichem Grund und auf privatem Grund, der öffentlich einsehbar ist, zu reglementieren, was andere Kantone schon lange machen, scheint der Aktionsplan stark auf den Jugendschutz ausgerichtet zu sein. Ausser mit Aufklärung werden die Erwachsenen kaum behelligt. Und ob dies die bisherige ziemlich nutzlose Information ist, oder ob sie das Ziel hat, Verhältnisprävention möglich zu machen, steht nicht geschrieben.
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Donnerstag 1. April 2010 von htm
15.3.2010
Redaktion der
Neuen Zürcher Zeitung
Briefe an die NZZS
8021 Zürich
Per e-mail redaktion@nzz.ch
Leserbrief zu „Die kontrollierte Kindheit“ und „Auch Ältere trinken exzessiv“ vom 15.3.2010
Allan Guggenbühl plädiert dafür, dass sich Jugendliche mit der wirklichen Welt auseinandersetzen können, damit sie so lernen, mit den Tücken des Lebens umzugehen.
Als Beispiel einer Fehlentwicklung führt er die Einführung eines Mindestalters von 16 Jahren für Alkoholverkäufe an Jugendliche an. Dies habe zu heimlichen Saufgelagen mit Wodka geführt. Die Auseinandersetzung mit der wirklichen Welt könne z.B. bei einem Gratis-Glas Wein in den Tempeln der Trunksucht stattfinden, wie der Vater einer kinderreichen Familie vorschlage.
Diese Diagnose greift eindeutig zu kurz. Man kann Massnahmen der Verhältnisprävention, wie Mindestalter, Verkaufsverbote in Stadien oder Konsumverbote auf gewissen Plätzen und Strassen, wie sie im Ausland erlassen werden, als Symptombekämpfung taxieren, aber solange die Politiker nicht gewillt sind, die Verantwortung der Gesellschaft zu akzeptieren und entsprechende Massnahmen zu beschliessen, ist die bisherige Symptombekämpfung besser als nichts. Allerdings ist auch zu bemerken, dass die Seuche des jugendlichen Wodkatrinkens eine Folge kurzsichtiger Politik ist: Als es darum ging, die katastrophale Alcopopwelle zu brechen, wurde nur eine Sondersteuer beschlossen, ohne an flankierende Massnahmen zu denken. Diese hätten eben auch die Erwachsenengesellschaft getroffen. Und dies geht der bürgerlichen Parlamentsmehrheit zu weit. So bleibt es bei Alibiübungen gegen die jugendlichen Konsumenten, die sich nicht wehren können. Dass auch erwachsene Männer zum exzessiven Trinken neigen, belegt die heute publizierte Studie aus dem Berner Inselspital.
Dass das kontrollierte Trinken im Elternhaus oder im Restaurant präventive Wirkung haben könnte, ist zweifelhaft. Gemäss einer kürzlichen Studie konsumieren Jugendliche, die zu Hause zum Alkoholkonsum geführt wurden, ausserhalb der Familie ebenso. Die abschreckende Wirkung in der Beiz wird wahrscheinlich nüchtern eher besser erlebt. Auch ist fraglich, ob wirklich eine Abschreckung stattfindet oder nicht einfach die alkoholfreudige Gesellschaft ihre prägende Wirkung entfaltet, die auch Prävention bei der Jugend unglaubwürdig und damit unwirksam macht. Auch ist bekannt, dass früher jugendlicher Alkoholkonsum in späteren Jahren zu mehr Suchtproblemen führen.
Wer unsere Alkoholprobleme nachhaltig reduzieren will, kommt nicht darum herum, für eine Politik der evidenzbasierten Verhältnisprävention und für eine Verhaltensprävention einzustehen, welche Akzeptanz in der Bevölkerung für die verhaltensändernde Verhältnisprävention schafft. Vor allem zwei bürgerliche Parteien sollten sich dazu durchringen. Sie haben die jährlichen Milliardenschäden, das Leid und die verminderte Lebensqualität seit Jahrzehnten zu verantworten, die wir alle als Passivtrinker (wie die WHO sagt) zu zahlen und zu erdulden haben. Wie können diese Politiker noch in den Spiegel schauen? Übrigens: Auch Psychologen sollten sich auf diesem Spezialgebiet weiterbilden, z.B. bei www.alkoholpolitik.ch.
Freundliche Grüsse
Hermann T. Meyer
(nicht veröffentlicht)
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Freitag 5. Februar 2010 von htm
Gegendarstellung auf den Artikel von Franz-Josef Möllenberg, Vorsitzender der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) auf http://verbaende24.net. „Möllenberg warnt vor Anhebung der Alkoholsteuer“.
In der gegenwärtigen Finanzkrise mit zum Teil gewaltigen Budgetdefiziten haben Finanzminister in allen Himmelsrichtungen plötzlich gemerkt, dass bei der Besteuerung von Alkoholika noch einiges zu holen wäre. Logischerweise sind alle Kreise der Alkoholwirtschaft sofort auf die Barrikaden gestiegen, um diese Gefahr abzuwenden, die drohte, ihre Profite zu beeinträchtigen.
Franz-Josef Möllenberg, Vorsitzender der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) hat eine Pressemitteilung seiner Gewerkschaft vom 19.1.10 auf dieser Webseite zu diesem Thema platzieren können. Seine Argumentation bestand darin, die Tatsachen völlig ins Gegenteil zu verdrehen. So behauptete er, „Zudem gibt es keinen wissenschaftlichen Beleg, dass sich das Trinkverhalten durch zusätzliche Abgaben steuern lasse.“
Tatsache ist, dass seit dem heutigen Standardwerk der Alkoholpolitik „Alkohol – kein gewöhnliches Konsumgut“ von Thomas Babor u.a., 2005, genau bekannt ist, welche Massnahmen der Verhältnisprävention am wirksamsten den Alkoholkonsum einer bestimmten Region reduzieren und damit die alkoholbedingten Schäden.
An erster Stelle steht eine Erhöhung der Alkoholsteuern, wobei auch an flankierende Massnahmen, wie Mindestpreise und eventuelle Ausweichmöglichkeiten gedacht werden muss. Die nächste Massnahme ist die Einschränkung der Erhältlichkeit, z.B. Oeffnungszeiten, Monopolgeschäfte, Teilverkaufsverbote. Weiter sind wirksam: ein möglichst hohes Mindestalter, eine möglichst tiefe Promillegrenze im Strassenverkehr und ein Werbeverbot. Selbstverständlich immer mit konsequenten Kontrollen.
Diese Massnahmen sind auch im Entwurf für eine Resolution an der Generalversammlung der WHO im Mai für eine Alkohol-Strategie enthalten, der auf den neusten wissenschaftlichen Grundlagen beruht. Auch in der EU sind ähnliche Bestrebungen im Gange, die sich auf die selben Fakten stützen.
Die andere Behauptung ist besonders perfide: „Gesundheitspolitisch begründete Steuererhöhungen für Alkohol sind ungeeignet, um Alkoholmissbrauch einzudämmen. Betroffen wäre eine Mehrheit der Bevölkerung, die Alkohol verantwortungsbewusst genießt.“
Diese Mehrheit der Bevölkerung hätte es in der Hand, die Politik unter Druck zu setzen, damit endlich eine erfolgreiche Alkoholpräventions-Politik betrieben wird. Leider ist diese Bevölkerung derart falsch informiert, dass sie nicht in der Lage ist, diesen Druck aufzubauen. Dabei würden diese mässigen Konsumenten am meisten von solchen konsumsenkenden Massnahmen profitieren. Sie zahlten am wenigsten Alkoholsteuern und hätten den vollen Profit durch sinkende Sozialkosten und steigende Lebensqualität. Aber eben: Die Massenmedien vermeiden es möglichst, auf diese evidenzbasierte Alkoholprävention hinzuweisen, zu recherchieren und nachzufragen.
Die Drohung der Alkoholwirtschaft, eine wirksame Alkoholpolitik würde Arbeitsplätze kosten, hat meistens genügt, um diese Politik zu verhindern. Das Ergebnis sehen wir heute. Die Gesellschaft steht dem Alkoholproblem hilflos gegenüber. Die Alkoholwirtschaft profitiert weiter, die Gesellschaft zahlt für die Schäden. Dabei sticht auch dieses Argument nicht: Geld, das nicht in den Alkoholkonsum abfliesst, kann für andere, sinnvollere Bedürfnisse verwendet werden, d.h. die übrige Wirtschaft profitiert und schafft Arbeitsplätze. Oder Spargelder können von den Banken in die Wirtschaft investiert werden.
Auf www.alkoholpolitik.ch sind diese und viele andere Informationen unabhängig und kritisch gesammelt, unter Angabe der Quellen, meistens mit Links.
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Freitag 4. Dezember 2009 von htm
Die Stadt St. Gallen hat ein 40-seitiges Alkoholkonzept herausgebracht. (datiert im September 2009) Zitat: „Alkoholmissbrauch ist selten nur Folge individuellen «Versagens», sondern auch Ausdruck ungünstiger Rahmenbedingungen. Deshalb muss eine erfolgreiche Alkoholpolitik die individualisierte Verhaltensprävention durch eine starke Verhältnisprävention ergänzen.“ Wie weit es mit der Umsetzung steht, ist uns nicht bekannt. Die vorgesehenen Massnahmen sind sinnvoll, von Preisregulierung ist allerdings wenig die Rede, ausser bei Flatrate-Parties. (Steuern sind Bundessache) Verschiedene Einschränkungen der Erhältlichkeit sind vorgesehen. Kritik: Es wird behauptet, die Konsumenten würden etwa einen Drittel der alkoholbedingten Sozialkosten durch Steuern hereinbringen. Bier- und Spirituosensteuer bringen gut gerechnet rund 400 Mio. Franken jährlich. Gegenüber den Sozialkosten von gut 6 Mia. Franken sind das 6.7%! Nimmt man den offiziell erhobenen Betrag, reale Kosten 3.5 Mia., reale und irreale Kosten 6.5 Mia., ergeben sich 13.3% und 6.2%. Sollte da die Mehrwertsteuer miteinberechnet worden sein, würde ich dies als Fehlkalkulation und Schönfärberei bezeichnen, denn diese wäre auch bei anderem statt Alkoholkonsum angefallen. Wir sind alle Passivtrinker und sollten uns nicht durch solche Rechnungen über unsere ungefragten Zahlungen an die alkoholbedingten Sozialkosten beschummeln lassen.
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