TOP NEWS: CH: Der Rausch und die Politik
Samstag 4. Juni 2011 von htm
Warum Politiker privat zwar Wein trinken dürfen, aber öffentlich Wasser predigen sollten.
Es geschah spätnachts in einem Zürcher Restaurant. Die Wahlfeier lag in den letzten Zügen, die Feiernden waren erschöpft. Ein frisch Gewählter mit gläsernen Augen und schwerer Zunge fuchtelte unkontrolliert in der Gegend herum und schmiss ein Weinglas zu Boden, wo es klirrend zersprang. Andere lachten. Anwesende Journalisten auch. Es war klar, dass darüber nie eine Zeile in der Zeitung stehen würde.
Angesäuselte Politiker sind so normal, dass sich niemand darüber wundert, geschweige denn darüber schreibt. So soll es unter Bundeshaus-Journalisten ein «Gentleman’s Agreement» gegeben haben, nichts über den grossen Weissweinkonsum von Bundesrat Jean-Pascal Delamuraz zu schreiben. Was in Frankreich die sexuellen Eskapaden der Mächtigen, sind hierzulande deren Trinkgewohnheiten: Privatsache.
Trinkende Politiker sind nicht nur normal, Alkohol scheint geradezu das Schmiermittel der Schweizer Politik zu sein. Und manchmal wird auch etwas zu stark geschmiert, da kräht kein Hahn danach. Der Griff zum Glas ist für Exekutivpolitiker, die in ihrer Arbeit ersaufen, naheliegend. An gesellschaftlichen Anlässen steht der Wein zuvorderst auf dem Apéro-Buffet, Anstossen wird erwartet. … (Quelle: Tages-Anzeiger, 4.6.11) Kommentar: Leider muss man sagen, dass die Politiker zu den Berufsgruppen mit hohem Alkoholiker-Risiko gehören. Das ist nicht nur bei uns so. Vor einigen Jahren hatte einer meiner Freunde, selbständiger Alkoholberater, ein Mandat im Deutschen Bundestag. Diese Investition würde sich auch in Bern lohnen. In der gleichen Nummer veröffentlicht der Tages-Anzeiger meinen ausführlichen Leserbrief. Gestern mein Porträt mit Foto. Mir scheint, dass unsere grösste Nicht-Boulevard-Zeitung das Thema Alkohol plötzlich ernster nimmt.
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