Welches ist die richtige Alkoholpolitik? Eine Gegendarstellung
Freitag 5. Februar 2010 von htm
Gegendarstellung auf den Artikel von Franz-Josef Möllenberg, Vorsitzender der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) auf http://verbaende24.net. „Möllenberg warnt vor Anhebung der Alkoholsteuer“.
In der gegenwärtigen Finanzkrise mit zum Teil gewaltigen Budgetdefiziten haben Finanzminister in allen Himmelsrichtungen plötzlich gemerkt, dass bei der Besteuerung von Alkoholika noch einiges zu holen wäre. Logischerweise sind alle Kreise der Alkoholwirtschaft sofort auf die Barrikaden gestiegen, um diese Gefahr abzuwenden, die drohte, ihre Profite zu beeinträchtigen.
Franz-Josef Möllenberg, Vorsitzender der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) hat eine Pressemitteilung seiner Gewerkschaft vom 19.1.10 auf dieser Webseite zu diesem Thema platzieren können. Seine Argumentation bestand darin, die Tatsachen völlig ins Gegenteil zu verdrehen. So behauptete er, „Zudem gibt es keinen wissenschaftlichen Beleg, dass sich das Trinkverhalten durch zusätzliche Abgaben steuern lasse.“
Tatsache ist, dass seit dem heutigen Standardwerk der Alkoholpolitik „Alkohol – kein gewöhnliches Konsumgut“ von Thomas Babor u.a., 2005, genau bekannt ist, welche Massnahmen der Verhältnisprävention am wirksamsten den Alkoholkonsum einer bestimmten Region reduzieren und damit die alkoholbedingten Schäden.
An erster Stelle steht eine Erhöhung der Alkoholsteuern, wobei auch an flankierende Massnahmen, wie Mindestpreise und eventuelle Ausweichmöglichkeiten gedacht werden muss. Die nächste Massnahme ist die Einschränkung der Erhältlichkeit, z.B. Oeffnungszeiten, Monopolgeschäfte, Teilverkaufsverbote. Weiter sind wirksam: ein möglichst hohes Mindestalter, eine möglichst tiefe Promillegrenze im Strassenverkehr und ein Werbeverbot. Selbstverständlich immer mit konsequenten Kontrollen.
Diese Massnahmen sind auch im Entwurf für eine Resolution an der Generalversammlung der WHO im Mai für eine Alkohol-Strategie enthalten, der auf den neusten wissenschaftlichen Grundlagen beruht. Auch in der EU sind ähnliche Bestrebungen im Gange, die sich auf die selben Fakten stützen.
Die andere Behauptung ist besonders perfide: „Gesundheitspolitisch begründete Steuererhöhungen für Alkohol sind ungeeignet, um Alkoholmissbrauch einzudämmen. Betroffen wäre eine Mehrheit der Bevölkerung, die Alkohol verantwortungsbewusst genießt.“
Diese Mehrheit der Bevölkerung hätte es in der Hand, die Politik unter Druck zu setzen, damit endlich eine erfolgreiche Alkoholpräventions-Politik betrieben wird. Leider ist diese Bevölkerung derart falsch informiert, dass sie nicht in der Lage ist, diesen Druck aufzubauen. Dabei würden diese mässigen Konsumenten am meisten von solchen konsumsenkenden Massnahmen profitieren. Sie zahlten am wenigsten Alkoholsteuern und hätten den vollen Profit durch sinkende Sozialkosten und steigende Lebensqualität. Aber eben: Die Massenmedien vermeiden es möglichst, auf diese evidenzbasierte Alkoholprävention hinzuweisen, zu recherchieren und nachzufragen.
Die Drohung der Alkoholwirtschaft, eine wirksame Alkoholpolitik würde Arbeitsplätze kosten, hat meistens genügt, um diese Politik zu verhindern. Das Ergebnis sehen wir heute. Die Gesellschaft steht dem Alkoholproblem hilflos gegenüber. Die Alkoholwirtschaft profitiert weiter, die Gesellschaft zahlt für die Schäden. Dabei sticht auch dieses Argument nicht: Geld, das nicht in den Alkoholkonsum abfliesst, kann für andere, sinnvollere Bedürfnisse verwendet werden, d.h. die übrige Wirtschaft profitiert und schafft Arbeitsplätze. Oder Spargelder können von den Banken in die Wirtschaft investiert werden.
Auf www.alkoholpolitik.ch sind diese und viele andere Informationen unabhängig und kritisch gesammelt, unter Angabe der Quellen, meistens mit Links.
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